Gemeinsam den Kiebitz retten – Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand
Biodiversitätsprojekt „Wiesenbrüter-Brutplatzmanagement Schwaben“ 2023
In den vergangenen Jahren kümmerte sich der Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg e.V. (LPV) um den Schutz von wiesenbrütenden Vogelarten im südlichen Landkreis. In Abstimmung mit der Regierung von Schwaben wurden im Rahmen des „Wiesenbrüter-Brutplatzmanagement Schwaben“ Schwerpunktgebiete in den Gemeinden Großaitingen, Hiltenfingen, Langerringen, Schwabmünchen und Untermeitingen festgelegt. Diese Maßnahmen werden durch die Regierung von Schwaben aus Mitteln der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) finanziert und durch die untere Naturschutzbehörde des Landkreis Augsburg unterstützt.
Obwohl seine Bestände in der Vergangenheit stark zurückgegangen sind und viele der traditionellen Brutvorkommen bundesweit aufgegeben wurden, brütet der Kiebitz noch im Augsburger Land. Allein im letzten Jahr wurden im Rahmen des LPV-Projekts 63 Brutpaare von den ehrenamtlichen Ornithologen Alexander Klose, Johnny Fritzsche, Dietrich Peter und Willi Behringer betreut. Trotz des verspäteten Frosts im April und der langen anhaltenden Hitze und Trockenheit konnten Bruterfolge beobachtet werden. Insgesamt 41 Flügge haben die Betreuer gezählt. Etwa 20 % des Gesamtbestandes der schwäbischen Kiebitzpopulation kommen im Wertachtal vor, so dass diesem eine sehr große Bedeutung für den Vogel zukommt.
Wie auch der Große Brachvogel oder das Braunkehlchen zählt der Kiebitz zu den Wiesenbrütern, obwohl er heute weniger in Wiesen als vielmehr in Äckern seine Nester anlegt. Der etwa taubengroße Vogel ist mit seiner auffällig abstehenden Schmuckfeder am Hinterkopf, dem grünlich schillernden Gefieder an der Oberseite und den namensgebenden „kie-wi“-Rufen unverkennbar.
Die bodenbrütenden Vögel bevorzugen offene und übersichtliche Landschaften, wie beispielsweise ebene Flusstäler. Optimal sind Flächen, auf denen Gelege und Jungvögel vor Räubern geschützt sind und ausreichend Nahrung vorhanden ist. Der Bau von Siedlungen und Straßen, die Erweiterung landwirtschaftlicher Flächen oder die Pflanzung massiver Gehölzstrukturen beeinträchtigen oder zerstören den Kiebitz-Lebensraum. Zu schaffen macht ihnen die Verfüllung von feuchten Mulden auf Agrarflächen, die ein reiches Nahrungsangebot bieten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plant der Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg für diese Saison diverse Strukturverbesserungen in den Projektgebieten. So sollen neue Feuchtmulden geschaffen und Gehölzarbeiten zur Senkung des Baumanteils durchgeführt werden.
All diese Maßnahmen zum Schutz der Wiesenbrüter sind nur durch die gute Zusammenarbeit aller Akteure aus Landwirtschaft, Naturschutz und Landschaftspflegeverbänden möglich. Auch in diesem Jahr sind die Wiesenbrüterberater wieder vor Ort unterwegs, um Brutpaare durch das Jahr zu begleiten, Nestplätze zu ermitteln und zu markieren, Verhandlungen mit den betreffenden Landwirten zu führen und den Bruterfolg zu dokumentieren.
Langsam aber sicher füllt sich das Wertachtal kurz vor Ostern mit seinem Charaktervogel der offenen Wiesen- und Ackerlandschaft. Nun bleibt es spannend, wie viele Paare zur Brut schreiten. Als ein Einflussfaktor gilt auch, welche Feldfrüchte angebaut werden. Der Kiebitz bevorzugt grundsätzlich eher Mais- als Getreideäcker, da er für die Brut offene und vegetationslose bis arme Böden nutzt und dort durch sein dunkles Federkleid bestens getarnt ist. Solche Flächen finden die Kiebitze bei Ihrer Ankunft in der Regel hauptsächlich auf Maisäckern vor, da dieser einer der letzten Feldfrüchte im Anbauzyklus ist.
Da die Nester, Eier und Jungvögel dieses Feldvogels gut getarnt sind, ist bei der Flächenbewirtschaftung im Frühjahr Vorsicht geboten und ein gutes Auge gefragt! Hier ist die Zusammenarbeit von Wiesenbrüterberater und Landwirt besonders wichtig. Bei Brutnachweis oder Brutverdacht wird der Bewirtschafter kontaktiert und zu erforderlichen Schutzmaßnahmen beraten. Wohl am häufigsten wird ein Einzelbrutplatzschutz vertraglich vereinbart, bei dem der Bereich rund ums Nest von der Bewirtschaftung ausgespart bleibt. Bei mehreren Kiebitznestern auf einer Fläche ist es außerdem möglich, einen verspäteten Bewirtschaftungsbeginn zu vereinbaren. Die Landwirte werden je nach Art der Schutzmaßnahme finanziell für ihren Vertragsausfall entschädigt und erhalten eine Plakette, die sie als „Wiesenbrüterfreundlicher Betrieb“ für die erfolgreiche Mitarbeit im Naturschutz auszeichnet. Die bisher gemachten Erfahrungen waren ausgesprochen positiv, 2022 machten alle zehn betroffenen Landwirte begeistert mit.
Auch jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten. Um die Vögel während der Brut nicht zu stören wird darum gebeten, Gebiete, die mit Hinweistafeln markiert sind zu meiden oder zügig zu durchqueren, Hunde anzuleinen und auf den Feldwegen zu bleiben. Wer einen Kiebitz entdeckt, kann dies direkt beim Landschaftspflegeverband melden.
Durch gemeinsames Handeln kann es gelingen, den immer noch anhaltenden Bestandsrückgang dieses attraktiven Feldvogels zu stoppen!
Kiebitz, Foto: Alex Klose
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